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29.10.2019

„Lesenswert“

Liebe Freunde, Kunden, Mitinvestoren!

Etwas ungewöhnlich ist es schon, heute empfehlen wir ein Buch zur Lektüre: 

„The Second Machine Age“ von Andrew McAfee und Erik Brynjolfsson

Die Autoren sind Professoren am berühmten „Massachusetts Institute of Technology“ in Cambridge/Boston, kurz „MIT“. Sie spannen darin einen Bogen, der die beiden großen Industrierevolutionen (die Erfindung der Dampfmaschine und der Elektrizität) bis heute, dem Zeitalter der Informationstechnologie und – ganz aktuell – der künstlichen Intelligenz, umfasst. 

Auch wenn die Inhalte in Summe nicht neu oder gar zum ersten Mal in Literatur, Presse oder sonstigen Medien auftauchen, so bringen die beiden es doch – wie wir finden – sehr schön auf den Punkt. 

Ausgangspunkt der Betrachtungen ist die Tatsache, dass sich die Arbeitsproduktivität und die gezahlten Löhne in der US-Volkswirtschaft bis in die 1970er Jahre hinein mehr oder weniger gleichmäßig positiv entwickelt haben. Seitdem war die Lohnentwicklung (in realen, also inflationsbereinigten Zahlen) per Saldo seitwärtsgerichtet, während sich die Produktivität weiter erhöht hat. Der nachfolgende Graph macht dies deutlich:

191029_Bild 1 zum Blog Lesenswert.jpgHier kommt mit einem einzigen Blick zum Ausdruck, was wir in vielen Veröffentlichungen der vergangenen Jahre, von Volkswirten bis zu Philosophen, schon lesen konnten. Vom dem seit Mitte der 1970er Jahre – mit wenigen Ausnahmen - jährlich wachsenden „Kuchen“ (dem Bruttoinlandsprodukt) innerhalb der Volkswirtschaft „bekommt“ (nimmt sich?) ein kleiner Teil der Bevölkerung immer mehr, während der Anteil der Masse am diesem Kuchen schrittweise sinkt.

So kommt es, dass 1% der Menschen in den USA (die „Einkommens-Elite“) ihren Anteil am gesamten Volkseinkommen zwischen 1980 und 2017 verdoppelt hat. Gleichzeitig hat diese Gruppe doppelt so viel Vermögen angesammelt, wie die unteren 90% der Einkommensbezieher zusammen.

In unserem Fall schauen wir in diesem Zusammenhang natürlich auf die börsennotierten Unternehmen und stellen fest: die Konzentration von Geld/Vermögen und damit Macht hat eine nie gesehene Dimension erreicht wie die folgenden Beispiele deutlich machen:

- Börsenwerte von Amazon und Microsoft im Sommer 2019 = 2.000 Mrd. Dollar
- Börsenwert aller börsennotierten deutschen Unternehmen = 2.000 Mrd. Dollar
- Gewinn Apple (71), Microsoft (35), Alphabet (26) 2018 = 132 Mrd. Dollar
- Gewinn der 30 DAX-Unternehmen im gleichen Zeitraum = 130 Mrd. Dollar

Bleiben wir bei diesem Vergleich US-amerikanischer zu deutschen Unternehmen, dann  waren die Investitionen in Forschung und Entwicklung, die Cash-Position und auch das Gewinnwachstum bei den US-Konzernen deutlich höher. Die eingangs beschriebenen Entwicklungen zur Verteilung von Einkommen und Vermögen sind in den USA weiter fortgeschritten als hier bei uns im Lande.

Bringen wir diese Betrachtungen miteinander in Verbindung, so stellen wir fest, dass die Entkoppelung von Produktivität und Einkommen zeitlich mit dem Beginn des Informationszeitalters zusammenfällt. Zudem ahnen wir, um wie viel schneller und einfacher den US-Konzernen die Adaption von digitalen Technologien anscheinend gelingt.

Wird diese Entwicklung weitergehen?

Nun, in einer Studie prognostiziert PriceWaterhouseCoopers bis zum Jahr 2030 eine zusätzliche Wirtschaftsleistung durch künstliche Intelligenz von fast 16 Billionen Dollar. Wie realistisch solche Berechnungen sind, möchten wir hier nicht kommentieren – es scheint allerdings, als würde ein sehr großer Teil dieser Summe auf die USA und China entfallen und dort auf einige wenige Unternehmen.

Und hierzulande? Die Automobilindustrie beschäftigt hochbezahlte Ingenieure mit der Entwicklung von „Schummel-Software“ - zum Erhalt ihrer Marktanteile in einem Sektor, der auf Sicht der nächsten Jahre wohl stark an Bedeutung verlieren wird…

Wohin führen uns diese Entwicklungen nun? Um ehrlich zu sein, haben wir Sorgen! Einerseits verlässt uns das Gefühl nicht, dass unsere Volkswirtschaft schrittweise den Anschluss verpasst und andererseits finden wir die politischen und gesellschaftlichen Implikationen besorgniserregend. Die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen hat schließlich auch – bisher in geringerem Maße - bei uns Einzug gehalten. Die Geschichte zeigt, was sich in ähnlichen Situationen entwickelt hat. Der Masse einen größeren Anteil am Kuchen zu verschaffen war in Europa/Deutschland z.B. das Ziel von Karl Marx („Das Kapital“ erschien 1867), Friedrich Engels, diverser Arbeiterparteien (aus denen 1890 die heutige SPD entstand), oder auch von Ludwig Ehrhardt und seiner sozialen Marktwirtschaft. Heute kämpft die SPD um zweitstellige Wahlergebnisse. Die Ungleichverteilung und deren Implikationen müssen wir uns derweil von Menschen erklären lassen, die zu den reichsten der Welt gehören. So hat z.B. der Hedgefonds Manager Ray Dalio (Vermögen 18 Mrd. Dollar lt. Forbes Liste 2019) sich schon mehrfach öffentlich als Kritiker des US-Kapitalismus geoutet, vor sozialen Spannungen in den USA infolge der auseinanderklaffenden Schere zwischen Arm und Reich, gewarnt. Ähnliche Aussagen hören und lesen wir von Jamie Dimon, dem CEO JPMorgan (Gewinn 2018 = 31 Mrd. Dollar).

Vor diesem Hintergrund begründen sich unsere Sorgen insbesondere in der Tatsache, dass sich (ernst zu nehmende) Teile der unserer Gesellschaft entweder auf Feindbilder (schlimmster Art wie zuletzt in Halle) konzentrieren, oder die Auswirkungen des Turbokapitalismus mit Demonstrationen adressieren (Stichwort „Fridays for Future“), sich jedoch – aus unserer Sicht – nicht mit den Ursachen dieser Fehlentwicklungen beschäftigen…

Wir freuen uns auf Ihre Reaktionen/Anmerkungen und grüßen herzlich aus dem Kölner Süden

Ihr Werte Invest Team

Werte Invest - 09:19 @ News | Kommentar hinzufügen



 
 
 
 
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