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16.02.2021

„Tot geglaubte – leben länger“

Liebe Freunde, Kunden, Mitinvestoren,
 
über nunmehr ein gutes Jahrzehnt haben wir mit sehr geringen Preissteigerungen gelebt, die Inflation war nahezu tot. Kann sich das ändern?
 
1. Ein Kollege hat vor einigen Tagen versucht, ein neues Fahrrad zu kaufen, ein „E-Bike“ sollte es sein, dazu die Zubehör Liste einmal rauf und runter bitte. Wenn er Glück hat, dann bekommt er es im Mai, der Preis liegt rund 20% über dem aus dem Februar 2020.
 
2. Der andere Kollege möchte – endlich – mal wieder Reisen. Hier soll es eine Kreuzfahrt durch´s Mittelmeer sein. Buchbar? Ja – Preis: + 25% gegenüber 2020. 
 
3. Anfang der Woche kam der Quartalsbericht von ThyssenKrupp – getrieben von der Stahlsparte (man höre und staune), weist der Konzern einen Gewinn aus, die Stahlpreise haben sich seit dem Spätsommer „mal eben“ verdoppelt. Viele Stahlverarbeitende Unternehmen beklagen sich (Quelle: Handelsblatt 09.02.21) schon seit Wochen über immer längere Lieferzeiten, im Online Handel sind manche Sorten bereits bis Ende 2022 ausverkauft. 
 
4. Ein Kunde, Maschinenbau-Unternehmer, bestellt Zubehörteile für seine Produktion in China, die kommen per Schiff im Container. Da haben sich die Preise für den Schifftransport binnen Jahresfrist glatt verfünffacht. 
 
5. Nicht zuletzt beklagt sich die Autoindustrie über fehlende, nicht lieferbare Chips, die ja heute bekanntlich nahezu alle Funktionalitäten in den Fahrzeugen steuern.
 
So haben die Einkaufsmanager in fast allen Branchen seit einigen Wochen mit Knappheit und in der Folge mit steigenden Preisen zu kämpfen, kein Wunder, dass der ISM-Index für die bezahlten Preise in den USA im Januar auf > 82 Punkte gestiegen ist, ein schon lange nicht mehr gesehener Spitzenwert (50 wäre „neutral“, Werte von 60 und mehr deuten auf eine starke Expansion der Wirtschaft hin). 
 
Gleichzeitig befinden sich viele Volkswirtschaften noch in einem mehr oder weniger harten Lock-Down, hat die Wiedereröffnung noch nicht begonnen. 
 
Dass die Preise für Industriemetalle, insbesondere für diejenigen, die wesentlich für die Energiewende sind, also z.B. Nickel und Kupfer, seit Monaten steigen, passt ins Bild, seit dem Sommer 2020 tun es ihnen die Lebensmittelpreise (Getreide, Speiseöl, Milch, ja selbst Zucker) gleich, ist der globale Food Preis Index gegenüber dem Vorjahresmonat um > 10% gestiegen (in der Vergangenheit lag hier häufig die Ursache für politische Unruhen in vielen Ländern der 3. Welt).
 
Die Finanzmärkte haben diese Entwicklungen bereits erkannt. So ist die Inflationserwartung, abgeleitet aus den Prognosen am US-Anleihemarkt, für die nächsten 10 Jahre auf 2,2% (von 1% vor 6 Monaten) gestiegen, für den deutschen Anleihemarkt auf 1% (von 0,0%). Das liest sich vergleichsweise moderat, aber Achtung: 
 
Ab März/April (die Entwicklung der Inflationsrate wird ja immer auf den Vorjahresmonat bezogen) werden wir hier noch ganz andere Zahlen sehen, schließlich lag dort die „Lock-Down-Delle“ – wir erinnern uns alle an kurzfristig negative Ölpreise an den Spotmärkten. 
 
Den älteren unter uns fallen hier die 1970er Jahre ein, trotz hoher Arbeitslosigkeit und stagnierender Wirtschaft, kämpfte die Welt mit hohen Inflationsraten. Begriffe wie „Nullwachstum“ und „Stagflation“ kommen uns da in den Sinn. Auch heute kämpfen einige Länder mit diesem Phänomen, in Argentinien und der Türkei gehen hohe Arbeitslosenzahlen mit hoher Teuerung Hand in Hand, Hintergrund die massiven strukturellen Probleme die von Staat und Notenbank mit immer mehr „frisch gedrucktem Geld“ versorgt werden. 
 
Und hierzulande? 
 
Ganze Sektoren der Wirtschaft (insbesondere der Dienstleistungsbereich) sind stillgelegt, die Notenpresse entschädigt dafür. Keine Leistung, kein Angebot, aber Geld gibt´s – stellen wir uns jetzt vor, dass die Restriktionen (z.B. Konsum und Reisen) aufgehoben werden, die Menschen ihr auf dem Konto zu 0,5% „Verwahrentgelt“ gehortetes Geld endlich wieder ausgeben dürfen, dann bekommt der Preisauftrieb einen weiteren Schub. 
 
Das gerade von der neuen US-Administration verabschiedete Konjunkturprogramm (Volumen 1.900 Milliarden Dollar) kommt denn auch mit Blick auf die Öffnung der Volkswirtschaft nicht nur spät, Präsident Biden gießt so noch zusätzlich Öl ins Inflations-Feuer… 
 
Implikationen für: 
 
1. Staaten: Wie wunderbar, so inflationieren wir uns aus den seit stark gestiegenen Schulden raus;
 
2. Notenbanken: Ziel erreicht, Deflation abgewendet, Schuldenspirale kein Problem mehr; 
 
3. Unternehmen: Hoppla – die hoch verschuldeten Firmen wundern sich, bekommen sie doch ihre Refinanzierung nicht mehr so billig hin wie in den letzten Jahren – auf einmal machen die Warnungen vor der Stützung sog. „Zombie-Unternehmen“ Sinn, nicht funktionierende Geschäftsmodelle, die nur über neue, billige Kredite am Leben erhalten wurden, könnten in vielen Fällen scheitern; 
 
4. Private: Konsumrausch? Entgegen der Aussicht, dass Preise stabil oder gar sinkend erwartet werden, stellt sich der Konsument um, kauft lieber heute, weil´s Morgen ja „teurer“ wird? 
 
5. Renten-/Anleihemärkte: Am langen Ende, also bei Laufzeiten von 5, 10 oder mehr Jahren, steigen die Zinsen, gleichzeitig fallen die Kurse der Papiere, oh, oh, oh! 
 
6. Aktienmärkte: Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sie mit Inflationsraten von 2% - 3% p.a. gut leben können, mehr ist aber auch hier bedenklich; 
 
Was machen wir daraus? 
 
Das „Kölsche“ Motto: „et hätt noch immer jut jejange“ hilft in diesem Umfeld nicht weiter. Wir sind gehalten, uns auf dieses, mögliche Szenario, einzustellen. So sind wir dabei, die Laufzeiten bei den Anleiheinvestments zu verkürzen und überprüfen unsere Investments auf der Aktienseite ständig darauf, ob die Geschäftsmodelle auch im geschilderten Umfeld überlebensfähig und funktionstüchtig sind und bleiben. 
 
Unser Motto also: „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“… 
 
Fazit: Das geschilderte Szenario hat eine gewisse Wahrscheinlichkeit – am Ende wird es vermutlich weit weniger dramatisch, insbesondere wenn die Nachholeffekte auf der Nachfrageseite wieder nachlassen. Bis dahin gilt: „Holzauge, sei wachsam“! 
 
Herzliche Grüße aus dem Kölner Süden 
 
Ihr Werte Invest Team 
 
 
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