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16.04.2018

Schuldenexzesse

Liebe Freunde, Kunden, Mit-Investoren,

Geht es Ihnen nicht auch so?

Die Börsenturbulenzen der letzten Tage und Wochen wecken Erinnerungen. Vor 10 Jahren, im Frühjahr 2008 verzeichnete die heute als „Finanz- und Wirtschaftskrise“ bezeichnete Entwicklung einen ersten Höhepunkt. Nachdem diverse Banken die Öffentlichkeit schon mit der Bekanntgabe herber Verluste aufgrund der Entwicklung am US-amerikanischen Immobilienmarkt konfrontiert hatte, räumte die Investmentbank „Bear Stearns“ am 14. März eine „deutliche Verschlechterung ihrer Liquiditätslage“ ein und die Aktie stürzte um 50% ab. Am darauffolgenden Wochenende entschied „JP Morgan Chase“ ein Übernahmeangebot für Bear Stearns zu 2 Dollar je Aktie ab (der Schlusskurs am Tag zuvor lag bei 30 Dollar) und die US-Notenbank übernimmt Verluste der Bank i.H.v. knapp 30 Milliarden (!) Dollar.

In den folgenden Monaten kommt es bei einigen lokalen Banken zu sog. „Bank-Runs“ (die Sparer machen ihre Konten leer), der Aktienkurs von „Lehman Brothers“ fällt im ersten Halbjahr um über 70%, große US-Hypothekenbanken verschwinden vom Markt (u.a. wird Countrywide Financial durch die Bank of America übernommen) oder werden unter Aufsicht der FED bzw. der US-Aufsichtsbehörden gestellt. Anfang September tritt ein Gesetz in Kraft, welches es dem Staat erlaubt, die eigene Verschuldung um 800 Milliarden Dollar zu erhöhen, um mit diesen Mitteln die schwer angeschlagenen US-Hypothekenfinanzierer „Fannie Mae“ und „Freddie Mac“ zu übernehmen.

Auf dem Höhepunkt der Krise, deren immense Tragweite bis dahin nur schrittweise deutlich wurde, rief der seinerzeitige Notenbankchef, Timothy Geitner, alle wichtige Bankenchefs der USA zu einem Krisengipfel zusammen. Es ging um „Lehman“ – nachdem eine Übernahme durch „Barclays“ scheitert, weil die Bank of England darin ein zu hohes Risiko für den britischen Bankensektor sieht, meldet Lehman am 15. September 2008 Konkurs an, die Bank of America übernimmt daraufhin Merrill Lynch, der größte amerikanische Versicherungskonzern, die American International Group, wird zusammen mit den o.g. Fannie Mae und Freddie Mac verstaatlicht, insgesamt fließen bis zum Jahresende Rettungskredite in einer Größenordnung von rund 300 Milliarden Dollar an diese Institute, weitere 200 Milliarden an andere große Namen der US-Finanzindustrie (JP Morgan, Goldman Sachs, Citigroup).

Diese Entwicklung war verheerend, führte sie doch das weltweite Bankensystem an den Abgrund und die Weltwirtschaft in der Folge in eine tiefe Rezession. Auslöser war das Platzen der amerikanischen Immobilienblase, verursacht durch eine rasante Zunahme fauler Kredite (Subprime).

Nur das sehr beherzte Eingreifen der internationalen Notenbanken (allen voran der FED) konnten die Auswirkungen eingedämmt werden, die Märkte wurden mit horrenden Beträgen zum Null-Tarif überflutet.

Zweck dieser Maßnahmen war eine einfache Überlegung – den Regierungen sollte Zeit „erkauft“ werden, um durch nachhaltige Reformen ihre Schuldenprobleme zu lösen und das Finanzsystem zu sanieren.

Wo stehen wir heute?

Nun, wir müssen – sehr ernüchtert – feststellen, dass diese „erkaufte“ Zeit nicht genutzt wurde. Im Gegenteil! Die niedrigen Zinsen führten bis heute dazu, dass der Schuldenberg weiter angewachsen ist. Das trifft vor allem für die Verschuldung der öffentlichen Haushalte/Staaten zu, deren Gesamtbestand sich in den letzten 10 Jahren in etwa verdoppelt hat – diese Entwicklung wurde sicherlich dadurch begünstigt, dass die Notenbanken sich sukzessive zum Finanzier der Staaten gemausert haben. Heute hält beispielsweise die japanische Notenbank rund 40% der gesamten Staatschulden des Landes. Die Schulden waren zu keiner Zeit (Friedenszeiten) höher als heute – in absoluten Zahlen sowieso, aber auch relativ, also im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt).

Und auch bei der Unternehmensverschuldung sieht es nicht viel besser aus – ohne den Finanzsektor hat sich der Schuldenberg hier um rund 70% erhöht.

Wo ist das Problem?

Vordergründig gibt es kein Problem – am Beispiel der hiesigen, inländischen Staatsverschuldung wird das deutlich:
Ende 1990, im Jahr nach der Maueröffnung:
 
- Schuldenstand der öffentlichen Haushalte 540 Mrd. Euro 
- Durchschnittlicher Zins auf diese Schulden 7% p.a., Zinslast also 38 Mrd. Euro jährlich;

Ende 2016:
 
- Schuldenstand der öffentlichen Haushalte 2.020 Mrd. Euro
- Durchschnittlicher Zins auf diese Schulden 1,0% p.a.; Zinslast also rund 20 Mrd. Euro jährlich;

Unter dem Strich haben sich die Schulden der öffentlichen Haushalte also annähernd vervierfacht (!), die jährliche Zinsbelastung ist heute um 18 Mrd. Euro im Jahr geringer als 1990

Mit einem Schuldenstand von mehr etwa 12.000 Mrd. Euro nimmt Japan absolut gesehen den Spitzenplatz ein – der durchschnittliche Zinssatz auf diese ausstehenden Schulden liegt aktuell bei etwa 0,3% p.a. (alle Restlaufzeiten von 3 Monaten bis zu 40 Jahren), die Zinslast Japans liegt also bei etwa 36 Mrd. Euro; 6-mal höhere Schulden kosten also nur 6 Mrd. mehr an Zins p.a.!

Also: Alles kein Problem?

Richtig – wäre da nicht die US-Notenbank FED, die inzwischen bereits mehrfach die Zinsen am kurzen Laufzeitenende erhöht und weitere Zinsschritte angekündigt hat. Zusätzlich hat sie aufgehört, die auslaufenden Staatsanleihen komplett durch neue Käufe zu ersetzen, sie hat also begonnen, dem Markt für US-amerikanische Staatsanleihen Liquidität oder besser, Nachfrage zu entziehen.

Im Zuge dieser Politik sind nicht nur die kurzfristigen US-Zinsen von 0% auf 1,25% gestiegen, auch eine 10-jährige US-Staatsanleihe bringt dem Anleger/kostet die USA heute etwa 2,8% p.a., eine Verdoppelung in nur etwa 18 Monaten.

Wenn wir diese Entwicklung auf die o.a. deutschen Staatsschulden berechnen, sorgt eine Verdoppelung der Zinslast (also von 1% p.a. auf 2% p.a. – sicher noch kein hoher Zins) für eine Mehrbelastung von rund 20 Mrd. Euro pro Jahr – für das Jahr 2018 ist diese Summe in etwa für die gesamten Kosten im Bereich Verkehr vorgesehen, also für Neubau und Unterhalt von Schienen, Straße, Wasserstraßen etc. …

Zum Vergleich: der gesamte Ausgabenapparat des Staates ist 2018 mit ca. 330 Mrd. Euro budgetiert, die o.g. , leichte Zinserhöhung nähme davon etwa 6,5% „einfach weg“ –

Finanzielle Repression

Hierzulande funktioniert sie derzeit noch, die finanzielle Repression – darunter verstehen die Notenbanker und Politiker folgenden Zusammenhang:

Während der Nominalwert der Schulden im Zeitablauf nicht wächst (heute 100 Euro investiert, gibt´s am Laufzeitende nicht mehr als diese 100 Euro zurück), wird die Kaufkraft dieser 100 Euro nach einigen Jahren geringer sein als zu Anfang – Inflation nennen wir das. Während die Rendite/Verzinsung zweijähriger Bundesanleihen derzeit bei etwa minus 0,6% verharrt, liegt die Inflationsrate seit etwa einem Jahr zwischen 1,2% und 1,6% p.a.; in realen Zahlen sinken die Schulden Deutschlands derzeit somit um etwa 2% pro Jahr –

Nach dem beschriebenen Zinsanstieg in den USA funktioniert dieser Zusammenhang dort allerdings schon nicht mehr – 2-jährige Staatsanleihen bringen aktuell 2,2% p.a. – die Inflationsrate liegt knapp darunter – zudem sorgen die verabschiedete Steuerreform und die diversen vorgesehenen Infrastrukturprogramme dort für weiter steigende Schulden!

Fazit

Langsam aber sicher erscheint das (Schulden-) Fass voll zu sein – falls sich die Notenbanken durch eine restriktivere Geldpolitik (= Zinsen erhöhen) der Entschuldung über die finanzielle Repression berauben, wird die Lage an den Aktien- und Rentenmärkten weltweit sicher nicht einfacher. Noch ist das Vertrauen in die Notenbanken – das richtige zu tun – aber immer noch hoch, seit den Jahren 2008/2009 sind sie in der Position der letzten Instanz, die alles richten kann und wird. Schließlich kann eine Notenbank auch auf die vertraglich festgelegten Zinszahlungen verzichten, die Rückzahlung bis zum „Sankt-Nimmerleins-Tag“ strecken – hoffen wir, dass es nicht so weit kommt (kommen muss).

Was macht der Anleger (und auch wir) aus diesen Fakten und Gefahren?

Wie so oft hilft ihm (dem Anleger) nur die genaue Analyse seines Investmentobjektes. Vor dem Hintergrund der geschilderten Gefahren ist ein wesentlicher Faktor die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells in Zeiten steigender Zinsen – wird beispielsweise der Immobilienbesitzer damit konfrontiert, dass die monatliche Belastung (der Schuldendienst) für sein Eigenheim steigt, dann müssen diese zunehmenden Ausgaben an anderer Stelle eingespart werden, lieb gewonnene Konsumgewohnheiten könnten sich ändern…

Zusätzlich hilft ein Blick in die Bilanz – wie hoch ist die Verschuldung in Relation zu den nachhaltigen Einnahmen (dem Cash-Flow) des Unternehmens? Oder: wie viel Verschuldung kann das Geschäftsmodell vertragen, wenn diese sich durch steigende Zinsen verteuert?

Die genaue Kenntnis dieser Zusammenhänge wird sicher nicht komplett vor kurzfristigen Marktverwerfungen schützen – die Gefahr, nachhaltig, also langfristig Geld zu verlieren (also das wirkliche Risiko für unser Geld) ist so aber zu minimieren. Schließlich setzen sich längerfristig immer die „soliden“ und „guten“ Geschäftsmodelle am Markt durch!

In diesem Sinne erfreuen wir uns an der Natur – sie findet nach kalten und dunklen Wintertagen schließlich auch wieder in die Wärme und ins Licht!

Fragen/Anmerkungen? Immer gerne - kontaktieren Sie uns.

Wir verbleiben mit herzlichen Grüßen aus dem Kölner Süden

Ihre Werte Invest

Werte Invest - 07:27 @ News | Kommentar hinzufügen



 
 
 
 
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