08.03.2018

Freihandel am Scheideweg?

Liebe Freunde, Kunden, Mit-Investoren,

mit der Einführung von Strafzöllen auf Waschmaschinen und Solarmodule haben die USA einen ersten Schritt in Richtung Protektionismus unternommen.

Diese Art der Abschottung war zwar seitens der US – Administration angekündigt, nachdem es hier in den ersten Monaten nach der Regierungsübernahme bei bloßer Polemik geblieben ist, folgen seit Herbst 2017 nun auch Taten. Aktuell sind weitere Importzölle bzw. –Quoten auf Stahl und Aluminiumimporte angesagt, die Ankündigung, diese Art der Beschränkungen nun auch auf Automobile auszudehnen, hat – insbesondere hierzulande – nun aber einen veritablen Schock verursacht.

Historie: seit dem Jahr 1989, also dem Zusammenbruch des „Ostblocks“, hat das globale Handelswachstum regelmäßig das Wirtschaftswachstum übertroffen, wirkte bis zur Finanzkrise 2008 als eine Art „Feuerwerk“ für die weltweite Konjunktur. In den Jahren seit 2013 drehte dieser Trend sich jedoch um. Weltweit tätige Banken kämpften mit der Sanierung ihrer Bilanzen, neuen Regulierungen und fielen als Finanzierungsbestandteil aus; gleichzeitig sorgten die fallenden Rohstoffpreise für eine relative Abnahme des Welthandels. Spätestens seit dem Jahr 2016 floriert dieser jedoch wieder und alles „schien gut“ zu sein.

Durch den Sprachgebrauch des US – Präsidenten übernehmen die USA, zumindest in den Medien, nun den Part des Bösewichts in Sachen Freihandel. Dabei wird – wie fast immer – seitens der Medien nur die „halbe Wahrheit“ propagiert; ein Beispiel: während die Importzölle auf Fahrzeuge in den USA seit Jahren bei 2,5% liegen, betragen diese in Europa 10%; („wer im Glashaus sitzt…..“);

Schauen wir uns die Realität nun an, so hilft aus unserer Sicht ein Blick auf den Ablauf der Gespräche zwischen den USA, Kanada und Mexiko. Dem zwischen diesen Ländern bestehenden Handelsabkommen (Nafta = North American free trade agreement) haben die USA ein besonderes Augenmerk gegeben. Die seit nun schon einem Jahr laufenden Gespräche dazu zeigen, dass die USA kein wirkliches Interesse zu haben scheinen, hier nachhaltig für Probleme zu sorgen. Derzeit sieht es so aus, als wären die diesbezüglichen Gespräche erst einmal bis zu den US-Zwischenwahlen im November vertagt.

Gleichzeitig zeigen volkswirtschaftliche Analysen, dass die aktuell beschlossenen Maßnahmen zusammen nur etwa 1,6% der globalen US-Importe ausmachen und ca. 0,2% des US-Bruttoinlandsproduktes ausmachen.

Wirkliche Gefahr droht deshalb nur dann, wenn die derzeit zu beobachtende Polemik aus China, Südkorea, Japan und auch aus Europa in echte „Gegenmaßnahmen“ ausufert.  Ohne jetzt ebenfalls in Polemik zu verfallen, erscheinen uns die Wortgefechte eher dazu angetan, die Möglichkeiten und Chancen der einzelnen Politiker bei den nächsten Wahlgängen zu verbessern; in Europa hört sich derzeit ja alles gut an, was gegen „diesen Präsidenten“ gerichtet ist, und Trump möchte sich seine Wahlschichten (Stichwort „Rust Belt“) sicherlich für die Zwischenwahlen im November „warm halten“.

Wo droht denn dann Gefahr für die Märkte?

Die Ende 2017 verabschiedete Steuerreform wird zusammen mit diversen staatlichen Ausgabeideen dafür sorgen, dass der Staatshaushalt in den USA sich verändern wird. Das Defizit wird sich Richtung 5% und darüber hinaus bewegen; einen solchen Wert hat es (bis auf sehr wenige kurzzeitige Ausnahmen in Rezessionsphasen) seit den 1960er Jahren nicht mehr gegeben. Zusammen mit dem Leistungsbilanzdefizit (ca. 3% des US-BIP) wird der Bedarf an Kapitalimporten nun also von gleich zwei Seiten größer. Dazu addiert sich die Politik der Notenbank. Seit einigen Monaten tritt sie nicht mehr als Netto-Käufer für Anleihen auf, ihr erklärtes Ziel ist es, die Notenbankbilanz zu verkleinern, unter dem Strich sorgt sie also für ein steigendes Angebot am Anleihemarkt. Zudem haben sich die Banken – vor der Finanzkrise noch der große Player am Markt – heute in großen Teilen zurückgezogen, über also auch kaum noch Nachfrage aus.

Unter dem Strich rollt hier also eine durchaus veritable Welle an amerikanischen Staatsanleihen auf die Märkte zu – die Angst vieler Marktteilnehmer, dass aus dieser Welle ein „Tsunami“ wird, speist sich aus den o.g. Entwicklungen – schließlich muss der, der viel Geld braucht, dies auch für den Investor attraktiv gestalten – und das funktioniert bei Anleihen halt nur über höhere Zinsen…

Diese – mögliche, nicht sichere – Entwicklung gilt es nun sehr aufmerksam zu verfolgen. Ein Renditesprung der amerikanischen Staatsschulden auf ein fundamental nicht gerechtfertigtes Niveau könnte die Preise für alle Vermögenswerte negativ beeinflussen. Da sich in solchen Phasen dann oft auch noch irrationale Handlungsweisen bei verschiedenen Marktteilnehmern zeigen, die rein aus Algorithmen abgeleiteten Anlagestrategien direktionale Bewegungen verstärken, dürfen wir die Risiken nicht unterschätzen.

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Wir verbleiben mit herzlichen Grüßen aus dem Kölner Süden

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